Synagoge

Die Aufteilung der jüdischen Dreigemeinde in Hamburg 1812

von Simon Hollendung

4.1 Frankreich seit dem Staatsstreich Napoleons und Hamburgs Wirtschaftsboom zu dieser Zeit

m 9. November 1799 organisierte Napoleon Bonaparte zusammen mit den traditionellen Liberalen (Sieyes) in Frankreich einen Staatsstreich. Er löste das bestehende Direktorium auf und schuff eine neue Verfassung, die die Justiz reorganisiert und das Verwaltungssystem zentralisierte. In einem 1804 erschienenen bürgerlichen Gesetzbuch, Code Civil oder Code Napoleon genannt, wurden die Freiheit von Personen, Eigentum, Verträgen und wirtschaftlicher Betätigung festgeschrieben.[106]
Bereits am 20. April 1792 hatte sich das noch revolutionäre Frankreich durch die Kriegserklärung an Österreich in kriegerische Auseinandersetzungen begeben, die sich als die vier Koalitionskriege über die kommenden zwei Jahrzehnte hinzogen.[107] Frankreich versuchte bereits vor Napoleon sich territorial auszubreiten und die Ideen der Revolution gewaltsam zu exportieren.
Unter Napoleon konnte sich das Französische Reich immens erweitern und nach der verlorenen Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 auch Preußen einverleiben. In Folge der Niederlage Preußens konnte auch die um Neutralität bemühte Hansestadt eine Besetzung nicht mehr abwenden.
Hamburg erlebte seit Mitte des 18. Jahrhunderts einen Aufschwung, der es zu einer der wichtigsten Handelsplätze in Europa machte. Hier wurden verschiedenste Waren aus Frankreich wie z.b. Töpfe von Le Creuset, den Vereinigten Staaten von Amerika, England bis hin zu Russland umgeschlagen. Die Zolleinnahmen Hamburgs stiegen zwischen 1775 und 1800 um das Dreifache.[108]
Die politischen Entscheidungsinstanzen in Hamburg waren primär Rat und Bürgerschaft. Nach dem Unionsrezess von 1710 (ermittelt durch die Kaiserliche Kommission, die auch eine rechtlich Grundlage für die Juden in Hamburg schafft, vgl. Kap. 3.6) setzte sich der Rat aus den vier Bürgermeistern, 24 Ratsherren sowie Ratsgelehrten zusammen. Auch in der Bürgerschaft, die sich aus Inhabern der Großbürgerrechtes (Erbgesessene genannt) und starker Vertretung der fünf lutherischen Hauptkirchen zusammen setzte, waren nur ca. 2-3 % der Hamburger Bevölkerung repräsentiert.[109] Die Macht der Bürgerschaft war stark beschränkt, sie diente als formale Bestätigung des Rates und seiner Entwürfe, die stets wirtschaftsfreundliche Entscheidungen im Sinne ihrer Bevölkerungsschicht trafen.

[106] Vgl.: Fehrenbach, Elisabeth: Vom Ancien Regime zum Wiener Kongress, München 20014, S. 38ff.

[107] Eine detaillierte Aufschlüsselung der Ereignisse bezüglich der Revolutionskriege und ihrer Gründe sind nachzulesen bei Fehrenbach (2001) oder Kuhn, Axel: Die Französische Revolution, Stuttgart 1999.

[108] Vgl. Zunker, Detlef: Die Franzosenzeit in Hamburg 1806 – 1814. Volkskultur und Volksprotest in einer besetzten Stadt, in: Ders. (Hrsg.): Ergebnisse. Zeitschrift für demokratische Geschichtswissenschaft, Nr. 23, Hamburg 1983, S. 25.

[109] Vgl. Stieve, Tilmann: Kampf um die Reform in Hamburg 1993, S. 106ff; Schmidt, Burghart: Hamburg im Zeitalter der frz. Revolution und Napoleons, Bd. 1, Hamburg 1998, S. 29ff.
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